Präses Nikolaus Schneider

Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD)

Unser Reformator Martin Luther war bekanntlich ein konsequenter Denker. Überliefert ist, dass er sich auch über die Frage der Kirchengebäude und ihrer Bedeutung gedanken gemacht hat. Sein Fazit klingt auf den ersten Blick recht nüchtern: „Wo Gott redet, da wohnt er. Wo das Wort klingt, da ist Gott und da ist sein Haus. Und wenn er aufhört zu reden, so ist sein Haus nimmer dort. Und wenn er auch auf dem Dach klänge oder unter dem Dach oder auf der Elbbrücke – so ist es gewiss, dass er dort wohnt.“

Was für eine schöne Aussage! Wir können Gottes Wort überall verkündigen: auf dem Fußballplatz und dem Jahrmarkt, auf öffentlichen Plätzen zum Kirchentag und in den Wohnstuben bei Bibel­ und Hauskreisen – und natürlich in unseren Kirchengebäuden. Überall dort „wohnt“ Gott, überall dort ist er zu Hause.

Aber unser Sprachgebrauch Sakralgebäude trifft es offenkundig gar nicht so richtig. Kirchen sind nicht „an sich“ heilig. Gewiss: sie sind dem gottesdienstlichen Gebrauch gewidmet. Aber dieser schließt keineswegs aus, dass wir auch anderes in ihnen tun. Musik? Ganz sicher. Und vieles andere ist vorstellbar. Es spricht nichts dagegen, unsere Kirchen nicht nur der Kirchengemeinde, sondern auch der Bürgergemeinde zu öffnen, in ihnen Diskussionen und Lesungen, Feste und karitative Aktionen und ganz neue, kreative Formate stattfinden zu lassen. Kirchen sind mehr als ein Denkmal. Sie sind zum Lobe Gottes da, zu seinem Dienst. Und damit auch: für uns Menschen.